Billig-Zahnbürstenkopf
Für elektrische Zahnbürsten gibt es die originalen Bürstenaufsätze – nicht ganz billig – und preiswerte Ersatzbürsten, vermutlich aus China. Gibt es qualitative Unterschiede?
Die Kandidaten
Auf der Markenseite tritt der originale Oral-B Sonic complete SR18 an, der im Moment je nach Packungsgröße von 4,50 € bis 5,00 € pro Stück kostet.
Auf der Billigseite tritt eine kompatible Ersatzbürste von ToolStore für 2,22 € pro Stück an, die ich bei Amazon gekauft habe. Also grob Faktor 2 im Preis.
Die Billigbürste
Die Billigbürste kommt in einer normalen Blisterverpackung á vier Stück mit einem etwas billigen Pappeinleger. Während die Bürstenköpfe von Oral-B praktisch geruchlos sind, duftet die Billigbürste ganz leicht gummiartig-chemisch, aber definitiv bei weitem nicht so stark, wie ich es befürchtet hatte.
Auf dem Bild kann man erahnen, dass der blaue Ring am linken Rand kein blauer Ring ist, sondern fest mit der Bürste vergossen ist. Manchmal liest man über Billigbürsten, der Ring würde schlackern und das würde Schallenergie schlucken, obwohl ich die Sache mit der Energie nicht glaube: Das Problem kann also bei dieser Billigbürste definitiv nicht auftreten.
Auf der Blisterverpackung steht, die Bürste sei für alle (!) elektrischen Zahnbürsten geeignet, so ganz wörtlich darf man das wohl nicht nehmen, auf die Oral-B sonic complete, für die sie beworben wurde und für die ich sie gekauft habe, passt die Bürste, wenn man sie kräftig aufschiebt. Ich habe gelesen, dass Leute Billigbürsten angeblich kaum wieder abbekommen haben. Das hängt sicherlich auch von der Ausprägung der Armmuskulatur aus, diese Bürste sitzt sehr stramm, viel strammer, als das Original, man bekommt sie aber auch einwandfrei wieder runter.
Wackeln tut hier jedenfalls nichts und die Bürste lässt sich auch weit genug auf den Schaft schieben und sitzt genau richtig auf der Oral B sonic complete.
Kopfsache
Ja, was soll man eigentlich groß testen, bei einem Elektro-Zahnbürsten Ersatzkopf? Drehmoment? PS? Sind halt Zahnbürsten. Aber, wie schon Sun Tsu sagte: Das Wesen der Bürste ist die Borste!
Was an der „Billigbürste” auffällt sind kleine Grübchen seitlich der Büschel. Der Grund für diese Grübchen ist die Art, wie die Borsten im Bürstenkopf befestigt sind, sie sind, wie bei einer klassischen Bürste eingezogen. Also mit einem Stäbchen oder einer Schlinge in die Bohrung gezogen und verschmolzen oder verklebt.
Auf dem Bild unten kann man gut sehen, dass dieses Stäbchen oder die Schlinge natürlich Platz in der Bohrung einnimmt. Es entsteht eine Kerbe in den Büscheln (Pfeile). Insgesamt sehen dadurch die Büschel etwas räudig aus und nicht ganz so gerade und glatt wie bei dem Originalkopf. Einen Qualitätsunterschied würde ich daraus aber nicht machen wollen.
Form der Borsten
Die Borsten einer Zahnbürste sollten abgerundet sein, da scharfkantige Borsten das Zahnfleisch verletzen können. Man liest auch, scharfkantige Borsten würden die Zahnoberfläche stärker beschädigen, unwahrscheinlich, aber wie auch immer: rund ist gesund.
In der Tat hatte ich das Gefühl, dass die „Billigbürste” mein Zahnfleisch beim Putzen gereizt hat. Unter dem Mikroskop konnte ich dann auch sehen, warum: So sehen Borsten aus, die mit einer sehr scharfen Klinge (zugegeben, sie muss schon sehr scharf gewesen sein) geschnitten wurden. Zwar sind alle Borsten ordentlich auf die gleiche Länge getrimmt, aber mit extrem scharfen Schnittkanten.
Die Borsten bei professionellen Zahnbürsten dagegen werden abgeschmolzen, das ist zwar im Endeffekt nicht teurer, aber technologisch sehr aufwändig, wenn man ein gutes glattes Bild der Borsten haben möchte. Die Aufnahme unten zeigt, dass Oral B (oder wer auch immer die Bürsten für Oral B fertigt) den Prozess definitiv beherrscht. Alle Borsten schön gleichmäßig und zahnfleischschonend abgerundet.
Dichte des Besatzes
Die Reinigungswirkung wird durch das Borstenende erreicht. Je mehr Borstenenden pro Fläche, desto besser die Reinigungswirkung. Der Kopf der „Billigbürste” ist zwar insgesamt sehr ordentlich: Gerade Borsten, schön gleichmäßig gestutzt, aber er wirkt insgesamt dennoch etwas schütter im Besatz. Damit es nicht bei einem Gefühl bleibt, habe ich einfach mal ein Büschel abgeschnitten und die Anzahl der Borsten gezählt.
Es erscheint nicht unlogisch, dass wegen der Technik des Borsteneinzugs, bei der „Billigbürste” insgesamt weniger Borsten möglich sind. Und in der Tat:
Auf dem Foto der Borsten eines Büschels unten erkennst du, dass bei der Billigbürste in diesem Fall 34 Borsten pro Büschel verarbeitet wurden.
Während bei der teureren Oral B stolze 68 Borsten pro Büschel verarbeitet wurden:
Durchmesser der Borsten
Je feiner die Borsten, desto besser dass Gefühl beim Putzen, viele feine Borsten geben einen weicheren und wertigeren Gesamteindruck, als weniger und dickere Borsten.
Die Borsten der „Billigbürste” haben einen Durchmesser von etwa 316 µm und die Borsten der Oral B einen Durchmesser von etwa 260 µm. Wie angesichts des dünneren Besatzes nicht anders zu erwarten, hat die „Billigbürste” also etwas dickere Borsten.
Interessant finde ich auch das Bild der Borsten, bei der „Billigbürste” kannst du zahllose Einschlüsse in der Form zerrissener Rauten erkennen, worum es sich dabei handeln könnte kann ich aber nicht sagen.
Bei dem Bürstenkopf von Oral B habe ich nur einen dieser rautenförmigen Einschlüsse gesehen, dafür sehr viele winzige kugelförmige Einschlüsse. Auch hier habe ich keine Idee, worum es sich dabei handeln könnte. Könnte es um Polyester-Enschlüsse handeln?
Fazit
Es hat seinen Grund, warum die Billigbürste billiger ist. Sie ist insgesamt technologisch primitiver gefertigt und vermittelt einen weniger wertigen Eindruck der sich auch im Mund fortsetzt. Dennoch erscheint sie ordentlich verarbeitet. Die Borsten lösen sich nicht, sind ordentlich gestutzt und die Bürste sitzt fest und wackelfrei auf dem Handstück.
Vermutlich ist die Putzwirkung durch den geringeren Besatz etwas schlechter. Durch die härteren (weil dickeren) Borsten und vor allem die sehr scharfen Borstenenden besteht die Gefahr, dass das Zahnfleisch verletzt werden könnte. Nicht abgerundete Borstenenden sind schon seit langem nicht mehr zeitgemäß, ob du das Risiko eingehen möchtest?