by Dr. Stack van Hay | 28. Juli 2014 01:06
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[1]Ich finde es tierisch interessant, wie sich Schnecken bewegen: Sehr langsam und sehr unerbittlich. Sie können senkrechte Wände hinaufklettern, aber auch Äste. Glatte Flächen, wie Glas, aber auch rauhe Flächen, rauf oder runter, über Kopf oder beliebig geneigt, auch Sand ist kein Hindernis. Gerhard Schöne singt in seinem Song „Die Sieben Gaben” über die Weinbergschnecke:
Wenn ich dir was wünschen dürfte, mein liebes Kind, wünscht‘ ich dir die sieben Gaben, die nicht leicht zu haben sind. Die Geduld der Weinbergschnecke, ruhig zieht sie ihre Bahn und kommt unbemerkt von allen still bei ihrem Ziele an. …
Das mit den Zielen ist andererseits eine interessante Frage. Natürlich haben Schnecken keine „Ziele“ in dem Sinne, sie haben schließlich kein Bewusstsein und genau darin liegt glaube ich der Clou. Bei ihrem langsamen Herumkriechen können sie in aller Ruhe mit ihren Fühlern und Augen die Umgebung scannen und schauen und probieren, was sich so essbares auf ihrer Bahn befindet.
Wie schnell ist das Schneckentempo eigentlich? Ich habe für zwei Weinbergschnecken die Geschwindigkeit gemessen (siehe Video) und bin auf 3.9 m/h für die schnellere (Hug0 Dynamite, oben im Bild) und auf 2.7 m/h für die langsamere gekommen. Irgendwo in dieser Region wird sich also das Schneckentempo bewegen.
Das Video zeigt zwei Weinbergschnecken, bei der Kriechbewegung. Der dicke Thomas Tranig (die zweite Schnecke) ist nicht so fotogen, aber ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, ihn rauszuschneiden, wo er sich doch so angestrengt hat. Man sieht sehr schön, die Wellen die in Fortbewegungsrichtung durch den Fuß laufen.
Die dunklen Stellen heißen Fußwellen (pedal waves) und die hellen Stellen Wellenzwischenräume (interwaves). An den dunklen Stellen, die über den Fuß laufen, hebt die Schnecke den Fuß ganz leicht an (µm Bereich), die hellen Stellen bewegen sich mit der Geschwindigkeit der ganzen Schnecke. Wenn du das Video angeschaut hat, ist dir bestimmt aufgefallen, dass die dunklen Wellen viel schneller sind als die Schnecke.
Die Fußwelle läuft bei allen Landschnecken von hinten nach vorne, das ist aber nicht zwingend, es gibt auch Wasserschnecken, bei denen die Welle von vorn nach hinten wandert, obwohl die Schnecke selbst sich vorwärts bewegt. So oder so: Alle Schnecken kennen nur den Vorwärtsgang, keine Schnecke kann rückwärts kriechen. Die Fortbewegung funktioniert so, dass durch das Abheben, nach vorn schieben und wieder absetzen der dunklen Bereiche die Zwischenwellenbereiche etwas nach vorn wandern. Das geht natürlich auch, wenn die Fußwelle von vorn nach hinten läuft.
Die Bedeutung des Schleimes wird wohl überschätzt. Manche Autoren schreiben, dass die besonderen Eigenschaften des Schneckenschleimes für die Bewegung verantwortlich sind. Natürlich ist der Schleim wichtig, allein schon wegen der Haftung, aber im Prinzip kann man auch einen trockenen Schneckenkriechantrieb bauen, das nicht-newtonsche Verhalten des Schleimes ist dazu nicht erforderlich, lediglich eine unterschiedliche Haftung bei unterschiedlicher Schichtdicke (ohne Schleim: Kontakt = Haftung, kein Kontakt = keine Haftung).
Die folgende Animation zeigt, wie das Kriechen der Schnecken ungefähr funktioniert:
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In Wirklichkeit ist die Sache natürlich etwas komplizierter, zum Beispiel läuft hinten schon die nächste Welle los, bevor die andere vorn angekommen ist. Im Prinzip ist das aber die Art auf die Schnecken kriechen. Schau dir die Animation weiter oben an, dann siehst du das Ganze noch mal in Aktion. Diese runde Fußwelle ist übrigens das, was Du im Video ganz oben als dunkle Streifen siehst.
Bei der schnellen Weinbergschnecke Hugo habe ich 19 m/h (±2 m/h) , 24m/h (±2 m/h), 31 m/h (±1 m/h) und 21 m/h (±3 m/h) gemessen, also das 5 bis 8 fache der Gesamtgeschwindigkeit (siehe Bild unten).
Bei der langsamen Weinbergschnecke Thomas habe ich 19 m/h (±2 m/h) , 27 m/h (±2 m/h), 25 m/h (±2 m/h) und 22 m/h (±1 m/h) gemessen, also das 7 bis 10 fache der Gesamtgeschwindigkeit (siehe Bild unten).
Die Streifen der Fußwelle sind relativ schwierig hervorzuheben, einfach, weil der Kontrast zur Umgebung nicht besonders hoch ist. Die contrast-limited adaptive histogramm equalization arbeitet auf kleinen Bereichen des Bildes und verändert den Kontrast relativ zu umliegenden Pixeln. Deswegen funktioniert sie hier relativ gut.
Wenn Du mehr darüber wissen willst, hinterlasse einen Kommentar, dann schreibe ich mal einen Artikel und erkläre dir den Algorithmus. Ich habe dafür ein kleines Mathematica-Programm geschrieben, da kann man ganz gut sehen, die das funktioniert.
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