by Dr. Stack van Hay | 27. September 2013 16:27
Auch ein Assessmentcenter ist ein „Ding” das irgendwie funktioniert. Ein paar Einblicke/Gedanken von mir zum Thema Assessmentcenter.
Auch wenn dieses Blog es nicht nahelegt, von Beruf bin ich Personalentwickler und ich bin der Überzeugung, dass es auch bei solchen „soften” Themen das ein- oder andere interessante zu entdecken gibt.
Der vermutlich einzige Leser dieses Blogs hat mich darauf hingewiesen, dass vielleicht gar nicht jeder weiß, was ein Assessmentcenter eigentlich ist, hier also erstmal eine kurze Erklärung.
Wenn ein Unternehmen eine oder mehrere Stellen zu besetzen hat, muss es ja irgendwie herausfinden, welcher Bewerber der richtige ist. Dazu wird meist immer noch das willkürliche Vorstellungsgespräch Methode Gelaber eingesetzt. Es gibt aber auch viele andere Methoden.
Eine Methode, die vorzugsweise eingesetzt wird, wenn für mehrere gleichartige zu besetzende Stellen viele Bewerber systematisch getestet werden sollen ist das Assessmentcenter. Alle Bewerber werden gleichzeitig am selben Ort abgeladen und dort mit verschiedenen „Aufgaben” traktiert. Beobachter notieren, was die Leute bei den Aufgaben so treiben und am Ende wird aus diesen Notizen ein warmer Aufguss hergestellt, aus dem dann der Chef-Schamane herausliest, welcher Bewerber in den nächsten 30 Jahren den besten Job machen wird.
Ein gewisser unausgesprochener Anteil der Stellen geht meist nicht an die Bewerber, die am besten abschneiden, sondern an die, die irgendwelchen anwesenden wichtigen Menschen am besten gefallen haben.
Wenn die zu besetzenden Stellen etwas hochkarätiger sind, gehört manchmal auch noch ein Bespaßungs- und Ausflugsprogramm dazu, bei dem sich natürlich alle ganz ungezwungen und natürlich verhalten.
Die Frage ist besser, als du denkst, denn ein Großteil der Assessmentcenter ist nicht wissenschaftlich korrekt entwickelt, sondern aus überlieferten und verbreiteten Komponenten irgendwie zurechtgefrickelt. Nicht validierte Übungen, gern vom Typ „spektakulär“ oder „Brainteaser” wechseln sich mit angestaubten Klassikern wie dem Postkorb ab. Das Ganze wird dann von mangelhaft geschulten Beobachtern oder qualifizierten Beobachtern mit schlampiger Technik beobachtet und nicht selten sogar von einem der Beobachter ausgewertet.
Die Mühe könnte man sich vermutlich auch sparen, denn Untersuchungen zeigen immer wieder, dass in die endgültige Entscheidung zu großem Anteil auch Willkür der Entscheider einfließt. Böse Zungen behaupten sogar, dass das komplexe Konstrukt Assessmentcenter im Wesentlichen ein kostspieliges Konstrukt zur heimlichen Durchsetzung eines ansonsten nicht kommunizierbaren Anspruchs sozialer Konformität ist. Das deckt sich dann auch mit der – gemessen am Aufwand – erbärmlichen Validität des Assessmentcenters als Instrument der Personalauswahl.
Insgesamt macht es diese Situation sehr schwierig, Tipps zur Vorbereitung zu geben, denn auch eine nach dem Stand der Technik richtige Verhaltensweise kann das sichere Aus bedeuten, wenn ein Einflussreicher Akteur ein Psycho und anderer Ansicht als der Entwickler ist.
So oder so ist es eine gute Idee sich die Konstruktion von Assessmentcenter-Instrumenten klar zu machen:
Jedes Assessment-Center besteht aus der Wiederholung der folgenden Schritte:
Dabei täuschen sich Teilnehmer sehr häufig im eigentlichen Ziel. Entscheidend ist meist weniger, ob du eine Aufgabe erfolgreich löst, sondern, wie du dich dabei anstellst.
Bei der Postkorbübung zum Beispiel bekommst du einen Stapel Dokumente und sollst diesen in einer vorgegeben Zeit bearbeiten. Wie ausgefeilt die Instruktionen sind, ist von Assessmentcenter zu Assessmentcenter ganz unterschiedlich, meist hältst du deine Entscheidungen schriftlich fest und diskutierst sie hinterher mit dem Beobachter.
Anfänger sehen die vielen Dokumente und hasten sofort drauf los und enden in der Regel mit drei Kategorien: erledigt, aufgeschoben und unbearbeitet. Besonders ungünstig ist, dass bei der Herangehensweise Panik, der Grund für den Status „unbearbeitet” ist, dass du einfach nicht so weit gekommen bist.
Profis verschaffen sich zunächst einen Überblick über die zu bearbeitenden Dokumente und sortieren die Dokumente zum Beispiel nach Priorität und Delegierbarkeit.
Vollprofis verwenden für die Priorität sogar einen ordentlichen Maßstab. Zum Beispiel räumen sie nicht einem Dokument, das interessant, imposant oder beleidigend ist höchste Priorität ein, sondern einem Dokument mit hoher Relevanz für das Betriebsergebnis.
Du solltest deinen Blick also nicht starr auf das vermeintliche Ziel richten, sondern darauf achten, die Herausforderungen strukturiert und systematisch anzugehen. Schwer zu sagen, was genau strukturiert und systematisch bedeutet. Vielleicht hilft ein weiteres Beispiel:
Gruppe A hat kleine Zettel, Gruppe B hat Bleistifte ohne Spitze und Gruppe C hat Anspitzer. Gewonnen hat die Gruppe, welche am Ende die meisten beschriebenen Zettel hat.
Wie verhältst du dich?
In der Praxis passieren ganz unterschiedliche Dinge, aber fast immer vergessen die Teilnehmer, dass es in Wirklichkeit nicht darum geht eine maximale Anzahl beschriebener Zettel zu erzeugen, sondern darum, welches Verhalten du auf dem Weg dahin zeigst, hörst du zu, wenn andere etwas sagen? Greifst du strukturierend in den Prozess ein? Eskalierst du oder versachlichst du? Welches Verhalten richtig ist, ist natürlich eine spannenden Frage! In der Wirklichkeit scheint diese Aufgabe jedenfalls so spannend zu sein, dass die meisten Teilnehmer komplett das Hirn ausschalten und aufeinander einhacken, als ginge es um Revierkämpfe bei Primaten.
Wenn ein Vorstandsvorsitzender für ein Startup gesucht wird, ist sicherlich ein anderes Verhalten optimal, als wenn ein Vertriebsmitarbeiter Innendienst gesucht wird.
In sehr vielen Assessment-Centers kommt eine Selbstpräsentation vor. Viele Menschen verwenden großen Aufwand auf Optik und Gestaltung der Folien. Auch hier: Wenn du nicht als Designer in der Unternehmenskommunikation eingestellt werden sollst, geht es natürlich nicht um die Präsentation, sondern, was du präsentierst und warum du dieses genau in dieser Situation dem Menschen, der vor dir steht erzählst.
Ein übliches Beispiel für erwünschte Verhaltensweisen (Die Dimensionen stammen aus einem großen Assessmentcenter aus den Anfangstagen der Assessmentcenter und sind bis heute weit verbreitet):
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